Appendizitis und ärztlicher Behandlungsfehler
Die akute Appendizitis, umgangssprachlich „Blinddarmentzündung“, ist ein sehr häufiges chirurgisches Krankheitsbild. Auch wenn die Appendizitis ebenso im Erwachsenenalter auftreten kann, hat sie als kinderchirurgisches Krankheitsbild besondere Bekanntheit erlangt. Typische Symptome, etwa Schmerzen an bestimmten Druckpunkten, lernen Medizinstudenten von Anfang an. Dennoch wird die Appendizitis machmal verkannt und für einen einfachen Magen-Darm-Infekt gehalten. Doch dies kann für die Betroffenen erhebliche Folgen haben. In unserer Kanzlei haben wir schon zahlreiche Fälle arzthaftungsrechtlich betreut, in denen eine Appendizitis verkannt wurde. Insbesondere Rechtsanwältin Katja Krahl hat sich hierbei auf das Kinderschadensrecht spezialisiert. In unserer Kanzlei arbeiten wir im Team und tragen medizinisches und juristisches Wissen zusammen.
Symptome der akuten Appendizitis
Besonders charakteristisch für eine „Blinddarmentzündung“ sind die abdominellen Schmerzen (Bauchschmerzen), welche gerade anfangs schwer lokalisierbar sein und teils krampfartig auftreten können. Auch vegetative Symptome wie Übelkeit und Erbrechen können ein Hinweis auf eine akute Appendizitis sein. Seltener gehört Durchfall zu den Symptomen; dieser schließt eine Blinddarmentzündung jedoch nicht aus. Aufgrund der anhaltenden oder stärker werdenden Schmerzen suchen die Betroffenen früher oder später einen Arzt auf. Bei der Untersuchung können sich spezifische Symptome, etwa Schmerzen an bestimmten Druckpunkten, zeigen. Diese sind jedoch nicht zwingend. Gerade bei Kindern kann eine Appendizitis mit relativ unspezifischen Symptomen einhergehen.
Diagnose und Untersuchung
Anamnese und klinische Untersuchung der akuten Appendizitis (Blinddarmentzündung)
Bei der Vorstellung ist nach Schilderung der Symptome und des bisherigen Krankheitsverlaufs eine körperliche Untersuchung durch den Arzt notwendig. Bauchschmerzen treten bei vielen Krankheiten als Symptom auf, weshalb der Arzt Differentialdiagnosen mit genau diesem Symptom ausschließen muss.
Differentialdiagnose von Appendizitis und Gastroenteritis
Selbst für erfahrene Ärzte ist die Diagnose einer akuten Appendizitis nicht leicht zu stellen, da nur die Hälfte aller Patienten die „klassischen“ Symptome zeigt. Besonders Kinder und ältere Menschen zeigen atypische Symptome, was die Diagnose somit erschwert. Häufig wird die „Blinddarmentzündung“ mit einer Gastroenteritis, eine Entzündung der Magen- und Dünndarmschleimhaut, verwechselt. Durch Rehydration und Ruhe bessern sich die Beschwerden. Sind die Beschwerden weiterhin vorhanden oder werden schlimmer, sind weitere Untersuchungen indiziert.
Palpation des Bauchraumes und apparative Untersuchungen können die Appendizitis offenbaren
Da die Appendix unterschiedlich gelagert sein kann und es somit auch zu unterschiedlichen Symptomen kommen kann, können rektale und eine vaginale Untersuchungen geboten sein. In der klinischen Untersuchung wird eine Palpation des Bauchraums durchgeführt, um die Schmerzen besser lokalisieren zu können (sog. Schmerzprovokation). Wird die Palpation im Bauchraum durchgeführt, klagen Betroffene meist über Schmerzen im Bereich zwischen Nabel und Unterbauch.
Da allein die Palpation des Bauchraumes kein eindeutiges Ergebnis bezüglich einer akuten Appendizitis hervorbringen kann, sollte eine Sonographie des Bauchraumes erfolgen. Eine solche Ultraschalluntersuchung ist einfach, schnell verfügbar und kostengünstig. Sie kann Zeichen der Appendizitis zeigen. In der Ultraschalluntersuchung wird die normalerweise nicht erkennbare Appendix nun im entzündeten Zustand deutlich sichtbar dargestellt. Im Ultraschall ist bei einer Blinddarmentzündung die mehrschichtige Wand der Appendix deutlich verdickt erkennbar. Bei fortgeschrittener Entzündung kann das gesamte Organ stark mit Lufteinschlüssen in der Wand erkennbar sein. In seltenen Fällen wird ein CT mit Kontrastmittel durchgeführt. Zusätzlich lassen sich mittels Blutentnahme in den Laboruntersuchungen u.a. Entzündungszeichen (z.B. die Leukozytenzahl oder das CRP) nachweisen.
Gefahr des „Blinddarmdurchbruchs“ (Perforation) mit Folgeschäden
Werden die Untersuchungen zu spät, schlecht oder gar nicht durchgeführt, kann es zu einer Verschlechterung der Schmerzen kommen. Es kommt zu einer Perforation der Darmwand (umgangssprachlich: „Blinddarmdurchbruch“) und zur Bildung von Abszessen und von Infiltraten meist im Beckenbereich. Im schlimmsten Fall führt die Perforation zu einer lebensbedrohlichen Peritonitis (Bauchfellentzündung).
Bei Feststellung einer akuten Appendizitis ist in aller Regel eine zeitnahe Operation durchzuführen, um den weiteren Krankheitsverlauf zu stoppen und mögliche Schäden der umliegenden Organe zu vermeiden. Kam es bereits zu einer Perforation, kann es im späteren Lebensverlauf zu Folgeerkrankungen kommen. Häufig treten Verwachsungen im Bauchraum auf, es kommt vermehrt zu Darmverschlüssen oder sogar Darmlähmungen. Auch Schäden an den inneren Geschlechtsorganen sind durch entzündungsbedingte Verwachsungen denkbar.
Ersatzansprüche bei verkannter Appendizitis
Kommt es zu keiner Diagnose einer akuten Appendizitis, können Betroffene oft ein Schmerzensgeldanspruch geltend machen. Ein solcher Anspruch hängt davon ab, ob das Nichterkennen der Appendizitis den Facharztstandard unterschreitet. Im Einzelfall ist dieser Umstand ebenso wie die Schäden und die Kausalität zwischen Fehler und Schaden, Gegenstand der arzthaftungsrechtlichen Auseinandersetzung, auf die wir uns als Kanzlei spezialisiert haben. Nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf.
Wenn auch seltener, können Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche bei Appendizitis auch dadurch entstehen, dass die Behandlung fehlerhaft verlaufen ist. Häufige Streitpunkte sind hierbei die Operationstechnik und der Einsatz von Antibiotika.
Die Höhe des Schmerzensgelds variiert im Einzelfall. Entscheidende Faktoren, die die Höhe des Schmerzensgelds beeinflussen sind häufig das Alter des Betroffenen, die Schwere des Fehlverhaltens des Arztes, das Ausmaß der Gefährdung durch das Fehlverhalten, die Intensität und Dauer von Schmerzen. Weiterhin werden auch Folgeschäden und künftige Beeinträchtigungen, die aufgrund der nicht diagnostizierten Appendizitis beruhen, berücksichtigt. Die gerichtlich zugesprochenen Beträge liegen vielfach im Bereich zwischen 3.100 € und ca. 36.000 €.